Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

AMORC Beilage Magazin 04|2015

| 9 | gen in vollem Umfang erleben musste, um die Freiheit seines Gewissens und seines Glaubens erfahren zu können – Freiheiten, die er tief in sich trägt. Die Geschichte ist voll von derartigen Bei- spielen. Im Gegensatz zum Mystiker ist ein religiöser Mensch Teil einer Gruppe mit einem fest umrissenen Glauben. Dieser Glaube ist oft an ein sehr re- striktives und verpflichtendes Dog- ma gebunden, mit entsprechenden Verboten, Gesetzen und Tabus. An dieser Stelle können wir uns die Fra- ge nach der Norm stellen. Wer ist normal und wer nicht? Wo befindet sich der Mensch angesichts dieser Norm? Offenbar ist es so, dass der sogenannte „normale“ Mensch der- jenige ist, der in ein Schema passt, das von der Gesellschaft, in der er lebt, etabliert wurde. Wenn die be- treffende Person dieses System ver- lässt und vom vorgezeichneten Weg abweicht, um eine andere Richtung einzuschlagen, und beginnt, Fragen zu stellen und sich für andere Dinge interessiert als jene, die man ihr vor- setzt, dann wird sie anormal, steht außerhalb der Norm. Wenn man sich allerdings die Ent- wicklung der Menschheit anschaut, wird man feststellen, dass es gerade die sogenannten Anormalen oder Außenseiter sind, die die Dinge voran- gebracht haben, die Forscher, Erfin- der, Wissenschaftler, Philosophen und Künstler, die nicht in das klas- sische Schema ihrer Zeit passen. Man kann sagen, dass ein Mystiker sich ebenfalls außerhalb der Norm befindet – ich spreche nicht von einem religiösen Menschen. Der Weg des Mystikers ist weniger geradlinig, dafür aber viel interessanter und anregender. Im Folgenden werde ich zwei Arten von Mystikern unterscheiden, obwohl es fast so viele gibt wie Mystiker selbst, da sich ein jeder auf dem Weg seiner eigenen Suche befindet. Es gibt jene, die sich voll bewusst bzgl. ihrer esote- rischen Suche sind. Dies ist eine über- legte Wahl, und so könnte man diesen Typus als „bewussten Mystiker“ be- zeichnen. Und dann gibt es noch den „unbewussten Mystiker“, der gar nicht weiß, dass er ein Mystiker ist. Sein Verhalten ist angeboren und natürlich. Ob sie sich nun als Atheisten oder Mystiker bezeichnen, verspüren doch alle Männer und Frauen im Verlauf ihres Lebens in sich selbst eine Leidenschaft, ein inneres Gefühl, eine Art latenter Energie, die nur darauf wartet, sich zu gewissen Zeiten zum Ausdruck zu bringen. Dies kann nur einige Augenblicke an- dauern, aber auch einige Tage oder Wo- chen. Tief in unserem Innersten verspü- ren wir eine Art von Leidenschaft, die man als Erleuchtung bezeichnen könn- te, eine Anrufung des Höchsten, eine Art von Ekstase oder Energie, die nur darauf wartet, zum Ausdruck zu kom- men. Ich bin mir sicher, dass jeder von Ihnen im Lauf seines Lebens diese Art von Emotion, diese Inspiration erfahren hat. Dieser Geisteszustand bringt eine Erfüllung, ein physisches und geisti- ges Wohlbefinden, die Sehnsucht nach Veränderung oder den Wunsch, seinem Leben und seinem Handeln eine neue Richtung zu geben. In der gesamten Menschheitsgeschichte haben Männer und Frauen diese innere Leidenschaft empfunden, die sie veran- lasst hat, großartige Werke zu vollbrin- gen. Sie sind zu Leitbildern für ihre Zeit- genossen und zu Leuchttürmen für die nachfolgenden Generationen geworden. In jedem Werk, jeder Tat und jeder Idee,

Seitenübersicht